Wären Import-Zölle auf fossile Brennstoffe eine gute Idee?

neural.love / Martin Bünnagel

Die Europäische Union plant Import-Zölle auf Produkte, die mit einer hohen CO2-Belastung produziert wurden. Zwei Wissenschaftler aus Texas stellen die Frage, was geschehen würde, wenn der Import fossiler Brennstoffe international besteuert würde.

Housten / Texas – Die EU hat im Dezember vergangenen Jahres ein Experiment gestartet, mit dem sie ihre Klimapolitik erstmals auf Importe ausdehnt. Ziel ist es, die Wettbewerbsbedingungen für die einheimischen Produzenten in der EU zu verbessern, indem energieintensive Importe wie Stahl und Zement besteuert werden, die hohe Treibhausgasemissionen verursachen, aber in ihren Heimatländern noch nicht von der Klimapolitik erfasst werden.

Wenn der Grenzausgleich wie geplant funktioniert, könnte er die Ausbreitung der Klimapolitik auf der ganzen Welt fördern. Aber der EU-Plan lässt eine wichtige Quelle für grenzüberschreitende Kohlenstoffströme außer Acht: den Handel mit fossilen Brennstoffen selbst.

Die Energieanalysten Joonha Kim und Mark Finley von der „Rice Unvisersität“ in xxx, haben einen Blick darauf geworfen, was die Einbeziehung fossiler Brennstoffe bedeuten würde.

In einem kürzlich veröffentlichten Papier haben sie die Auswirkungen analysiert und festgestellt, dass die Einbeziehung fossiler Brennstoffe in den Kohlenstoffgrenzausgleich die Bilanz der grenzüberschreitenden Kohlenstoffströme erheblich verändern würde.

China sei beispielsweise ein wichtiger Exporteur von kohlenstoffintensiven Industriegütern, und seine Industrien würden durch den EU-Grenzausgleich mit höheren Kosten konfrontiert, wenn China keine ausreichenden klimapolitischen Maßnahmen für diese Industrien ergreift, berichten die Wissenschaftler. Berücksichtige man jedoch zudem fossile Brennstoffe, würde China zum Nettoimporteur von Kohlenstoff, so dass ein eigener umfassender Grenzausgleich für die Energieerzeuger des Landes von Vorteil sein könnte, erklären die Autoren der Studie.

Die USA hingegen würden ihren heimischen Brennstoffproduzenten schaden, wenn andere Länder einen Kohlenstoffgrenzausgleich für fossile Brennstoffe einführten. Aber die USA wären immer noch ein Nettoimporteur von Kohlenstoff. Ein zusätzlicher Grenzausgleich könnte den heimischen Herstellern helfen, sagen Kim und Finley.

Was ist ein Kohlenstoff-Grenzausgleich?

Grenzausgleichszahlungen für Kohlenstoff sind handelspolitische Maßnahmen, die eine Verlagerung der Produktion in andere Länder verhindern sollen, um Umweltvorschriften zu umgehen.

Die Idee ist, eine Kohlenstoff-“Steuer” auf Importe zu erheben, die den Kosten entspricht, die inländischen Unternehmen durch die Klimapolitik eines Landes entstehen. Der Kohlenstoff-Grenzausgleich wird auf Importe aus Ländern erhoben, die keine ähnliche Klimapolitik verfolgen. Darüber hinaus können die Länder Rabatte für Exporte gewähren, um sicherzustellen, dass die heimischen Hersteller auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig bleiben.

Das alles liegt noch in der Zukunft. Der EU-Plan wird schrittweise ab 2023 eingeführt. Andere Länder beobachten jedoch genau, wie sie ihre eigene Politik gestalten, einschließlich einiger Mitglieder des US-Kongresses, die eine Gesetzgebung zum Kohlenstoffgrenzausgleich in Erwägung ziehen.

Erfassung aller grenzüberschreitenden Kohlenstoffströme

Doch ein Problem bestehe laut der Wisschenschaftler von der Rice Universität darin, dass sich die derzeitigen Diskussionen über Kohlenstoffgrenzsteuern auf den “verkörperten” Kohlenstoff konzentrieren – den Kohlenstoff, der mit der Produktion einer Ware verbunden sei. Der EU-Vorschlag beziehe sich zum Beispiel auf Zement, Aluminium, Düngemittel, Elektrizität, Eisen und Stahl, erläutern Kim und Finkley.

Ein umfassender Grenzausgleich sollte aus Sicht der Forscher jedoch theoretisch alle grenzüberschreitenden Kohlenstoffströme berücksichtigen. Alle bisherigen Analysen ließen jedoch den Kohlenstoffgehalt des Handels mit fossilen Brennstoffen, „den wir als “expliziten” Kohlenstoff bezeichnen, außer Acht“, kritisieren Kim und Finley in ihrer Studie.

„In unserer Analyse zeigen wir, dass die USA und die EU bei ausschließlicher Betrachtung von Industriegütern aufgrund ihrer “verkörperten” Kohlenstoffbilanz – sie importieren viele kohlenstoffreiche Industriegüter – als Kohlenstoffimporteure dargestellt werden, während China als Kohlenstoffexporteur dargestellt wird“, schreiben die beiden Autoren. Das ändere sich, wenn fossile Brennstoffe einbezogen würden.

Die Auswirkungen der Einbeziehung fossiler Brennstoffe

Wenn die politischen Entscheidungsträger die Auswirkungen eines Kohlenstoffgrenzausgleichs nur auf der Grundlage der verkörperten Kohlenstoffströme, also der Ströme von Industriegütern, bewerteten, entgingen ihnen ein erheblicher Teil des gesamten über ihre Grenzen gehandelten Kohlenstoffs, erläutern die Wissenschaftler.

Für die USA seien die Ergebnisse jedoch nicht eindeutig. Ein Kohlenstoff-Grenzausgleich könne die US-Hersteller schützen, aber die internationale Wettbewerbsfähigkeit der heimischen fossilen Brennstoffe beeinträchtigen, und das zu einer Zeit, in der der Einmarsch Russlands in der Ukraine den USA als globalem Energielieferanten neue Bedeutung verleiht, erklären Kim und Finley.

Die chinesische Wirtschaft als Exporteur von in Industriegütern gebundenem Kohlenstoff würde darunter leiden, wenn ihre Handelspartner wie die EU einen Kohlenstoffgrenzausgleich für chinesische Produkte einführen würden, so wie dertzeit in Planung. Auf der anderen Seite könne ein chinesischer Grenzausgleich den chinesischen Energieproduzenten auf Kosten ausländischer Konkurrenten zugute kommen, die keine ähnlichen Maßnahmen ergreifen.

„Interessanterweise deutet unsere Analyse darauf hin, dass die USA, die EU und China, wenn man die expliziten Kohlenstoffströme einbezieht, alle Nettoimporteure von Kohlenstoff sind“, schreiben Kim und Finley. „Alle drei Hauptakteure könnten in der Diskussion auf derselben Seite stehen, was die Aussichten für künftige Klimaverhandlungen verbessern könnte – wenn alle Parteien ihre gemeinsamen Interessen erkennen“, sagen die Wissenschaftler.